Achtung: Der nachfolgende Artikel bezieht sich auf den Camino Frances von 2016 und müsste an einige Stellen überarbeitet werden. Im Groben und Ganzen ist die unten beschrieben Ausrüstung aber auch heute noch für mich gültig.
Die Frage nach der richtigen Ausrüstung ist eine der Kernfragen bei einer solchen Tour, wenn man noch unerfahren ist. Wenn man zunächst mal herangeht wie bei einem Urlaub Nähe Ballermann, dann schreibt einem die Fluggesellschafft ein Limit von z.B. 20 kg pro Koffer vor. Darüber hinaus kann man einiges noch im Handgepäck unterbringen oder direkt am Körper tragen. Tragen ist das Stichwort: Fliege ich nach Malle, so muss ich nur kurze Strecken mit meinem Gepäck zurück legen. Ein Kofferwagen, Taxi oder Hotelbus erleichtern das Schleppen. Beim Pilgern ist das anders. Hier hat man alles, was was benötigt bei sich - aufgeteilt über die Dinge im Rucksack und die, die man direkt am Laib trägt. Regel für den Rucksack: Das Gewicht des gepackten Rucksacks soll 10% vom Körpergewicht sowie weitere 1-2 kg Proviant nicht übersteigen. Der Inschenör betrachtet das Ganze natürlich wieder für den Worst-Case-Fall. Das bedeutet: es ist ein heißer Tag, er hat nur wenig an und dafür fast alles im Rucksack verstaut. Mein Rucksack dürfte dann 10.900 g wiegen. Man hat übrigens auch alles bei sich, was man nicht benötigt. Pilger sind also Profis im Weglassen von Ausrüstung. Man muss also die Spreu vom Weizen trennen und selbst die Sachen, die man für unbedingt notwendig erachtet, auf die Waage legen. Kann man deren Gewicht noch optimieren? Man kann. Ich trat mehrfach mit meiner Küchenwaage in den Dialog und traf dann meine mittlerweile lieb gewonnenen Freunde von Globetrotter wieder, um meine Ausrüstung zu otimieren und die Verkaufszahlen von Globetrotter in den grünen Bereich zu rücken.
Meine Küchenwaage: Mit Ihr habe ich die letzten Monate häufiger kalkuliert, als beruflich mit meinem Taschenrechner. Tut der Becher für 96 g not oder sollte man ihn sich lieber sparen?!?
Hier mal eine kleine Zusammenstellung der Dinge, die ich so mitnehmen werde:
Der Rucksack: Ein ACT Lite 50+10 von Deuter mit 1730 g Gewicht soll es sein. Ich bekäme alles auch in einen 40 Liter großen Rucksack reingequetscht, aber um dann 100 g zu sparen, verliere ich die Option, meine abendliche Einkäufe (Wein, Weib, Gesang, ähh, nein, also, ähh Wein, Brot und Käse) locker noch mit unterzubringen.
Schlafen: Schlafsack für eine Komfort-Temperatur von 15°C und nicht in Mumienform, weil ich sonst im Schlaf nicht ein einzelnes Bein anziehen kann. Ich habe es mit einem anderen und deshalb leichteren Mumienmodell versucht, aber es machte mich ganz scheckig. Spannbettlaken aus Polyester für 2,99 Euro vom Dänischen Bettenhaus sind gut für die Seele wenn das angebotene Schlafdomizil Mängel in Form von suspekten Flecken oder sechsbeinigen Mitbewohnern aufweist. Beides passt in den wasserdichten Beutel (8 Liter, blau). Zusätzlich noch eine Thermounterlage, falls ich doch mal auf einem kalten Feldbett, kalten Friedhof oder einsam unter einer kalten und zugigen Brücke pennen muss...
Hände und Füße: Für den täglichen Heldenmarsch benötigt man gute, passende und eingelaufene Wanderschuhe - wegen der Kraxelei in den bergigen Etappen gern mit hohem Schaft. Dazu ein paar Crocks zum Duschen oder mal fein Ausgehen. Zwei paar leichtere Wollsocken und ein paar etwas stärkere Wollsocken. Eventuell auch die leichte Laufhandschuhe, aber da schaue ich noch mal nach, wie die Temperaturen denn so sein werden.
Erste und zweite Schicht im wasserdichten Beutel (20 Liter, orange): 3 Unterhosen aus Funktionsmaterial, eine ganz leichte Hose für nächtliche Klogänge und morgendliche Kata, zwei Zip-Hosen für die Touren selbst oder für abendliche Tanzveranstaltungen, ein längärmeliges Woll-Shirt, zwei kurzärmelige Woll-Shirts sowie eine leichte Softshell-Jacke mit Kaputze.
Dritte Schicht für Sturm und Regen: Ich zweifele ja immer noch. Die Jacke mit wasserdichtem Beute (4 Liter, gelb) ist top, weil winddicht, wasserdicht und tatsächlich atmungsaktiv ("Schnäppchen" vom Schiffausrüster auf Helgoland). Der Regenponscho im roten Beutel schreckt mich noch, aber er ersetzt die Regenhose vom Aldi (oben links) und den Regenschutz für den Rucksack (unten rechts). Ich warte noch auf kalten Dauerregen, damit ich beide Varianten mal in Ruhe probieren kann. Der Ponscho lässt Luft rein und raus und den Regen draußen, sieht aber bescheuert aus. Man möchte ja doch etwas souverän und nicht wie ein Teletubbie rüber kommen :-)
Körperpflege und Kleinkrams: Kulturbeutel, Shampoo, Wollwaschmittel, Hirschtalg, Sonnencreme, Reiserasierer, Pflaster, Splitterpinzette, Leukotape, Wäscheklammer, Zahnbürste, Balsamka, Bepanthen, Antisvet, Paracetamol, Durchfallpillen, Vitamin B12, Eisen, Kalzium, Kleinkrambeutel, Ohrstöpsel, Batterien, Salz- und Pfefferstreuer, Anspitzer, Radiergummi, Kabelbinder, Nadel und Faden, Bleistift, Kugelschreiber, Schlafbrille, Gröffel, Wattestäbchen, Nagelschere, Nagelfeile und Einmalrasierer.
Lose Sachen: Mikrofaserhandtuch, Sterilium, Taschenmesser, Kompass, Cap, Powerbank, Ladekabel, USB-Adapter, Smartphone, feuchte Tücher, Wäscheleine, Armbanduhr, Stirnlampe mit rotem Licht, Taschentücher, Sonnebrille mit Band und Etui, Emaille-Becher, Schlüssel mit Schlüsselband.
Papiere und Futter: Pilgerausweise, Reisedokumente, Karte, Notfallkontaktliste, Visitenkarten, Portemonaie, Karten & Co., etwas Cash, Impfausweis, Reisetagebuch und als Proviant Nüsse, Studentenfutter, Bananen und Wasser.
Der Stein aus der Heimat: Ich laß, dass man den Pilgern damals schwere Steine mit auf den Weg gab, um sie zusätzlich zu demütigen. Die Tapferen schleppten den Stein also den ganzen Weg mit sich rum, um ihn dann irgendwo abzugeben. Vielleicht wurde daraus auch die Kathedrale von Santiago de Compostela gebaut. Jedenfalls legten sich die ganz Harten (die aus den Gärten) freiwillig kleine, spitze Steine mit in die Schuhe, um die Qual des Pilgerns noch zu maximieren. Anstatt eines Hinkelsteins belasse ich es bei einem kleinen Stein aus "Wilma Beach" im Raakmoor in Hamburg-Langenhorn. Ihn werde ich beim Cruz de Ferro ablegen.
Bisheriges Fazit meiner Ausrüstungsforschungen:
Und was wiegt das ganze Geraffel nun? 13094 g plus meiner Einer. Nach o.g. Worst-Case-Fall wiegt der Rucksack mit Inhalt nun 10639 g - also 261 g unter Limit. Geht doch !!!